Fastenzeit...

Die österliche Bußzeit ist eine 40 Tage dauernde Vorbereitung auf Ostern. Von Aschermittwoch bis Gründonnerstag geht es darum, sich zu besinnen und Buße zu tun.

Auch wenn die Fastenzeit von 40 Tagen eher eine symbolische als eine mathematische Größe ist, lässt sie sich doch - mit einem kleinen Trick - errechnen: Die eigentliche österliche Bußzeit beginnt unmittelbar nach Karneval mit dem Aschermittwoch und endet an Gründonnerstag. Weil die Sonntage nicht als Fastentage gelten, werden sie nicht mitgezählt. Es bleiben 38 Tage übrig. Karfreitag und -samstag zählen zwar offiziell nicht zur österlichen Bußzeit, weil sie liturgisch bereits zum "Triduum Sacrum" ("österliche drei Tage") gehören. Dadurch, dass es aber Fasttage sind, kommt man insgesamt auf 40 Tage "Fastenzeit".

Die Gläubigen sollen in der Fastenzeit als äußeres Zeichen von Buße und Besinnung auf Dinge verzichten, die ihnen angenehm und lieb sind - etwa auf Schokolade, Alkohol oder das Autofahren. Zudem sollen sie nur eine volle Mahlzeit am Tag und je zwei kleinere Stärkungen zu sich nehmen. Schließlich gilt an allen Freitagen das Gebot der Abstinenz, also des Verzichts auf Fleisch, weil der Freitag an den Tod Jesu Christi erinnert. Aschermittwoch und Karfreitag sind Fasten- und Abstinenztage in einem.

Die Fastenzeit ist übrigens ebenso "beweglich" wie Ostern. Der Ostersonntag ist immer der erste Sonntag nach dem Frühlingsvollmond und fällt auf einen Tag zwischen dem 21. März und dem 25. April. Nach dem Vorbild des Fastens Jesu in der Wüste legte die Kirche die Länge der Fastenzeit auf 40 Tage und Nächte fest. Die 40 als Zeiteinheit kommt in der Bibel häufiger vor: Die Israeliten wandern 40 Jahre durch die Wüste (Ex 16,35), Mose begegnet Gott 40 Tage auf dem Berg Sinai (Ex 24,18), und 40 Tage nach der Auferstehung Jesu wird Christi Himmelfahrt gefeiert (Apg 1,3).

Der Teufel fordert Jesus heraus

Der Evangelist Matthäus schildert die Versuchung Jesu (Mt 4,1-11) so: Jesus wird vom Heiligen Geist in die Wüste geführt, um durch den Teufel versucht zu werden. "Als er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, war er zuletzt hungrig." Der Teufel fordert Jesus auf, einige Steine zu Brot werden zu lassen – denn das sei für den Gottessohn gewiss kein Problem. Jesus aber antwortet mit Bezug auf Deuteronomium 8 (5. Buch Mose): "Es steht geschrieben: Nicht vom Brot allein soll der Mensch leben, sondern von jedem Wort, das aus dem Munde Gottes kommt."

Am Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit. 40 Tage lang bereiten sich Christen dann auf Ostern vor. Die Fastenzeit als Bußzeit ist verbunden mit vielen Ritualen.

Dann nimmt der Teufel ihn mit nach Jerusalem auf die Zinne des Tempels: Wenn er der Gottessohn sei, dann solle er sich hinabstürzen, denn es werde ihm gewiss nichts passieren. Darauf Jesus: "Auch das steht geschrieben: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen." Schließlich bietet der Teufel Jesus alle Reiche der Welt, wenn er niederfällt und ihn anbetet. Doch Jesus lässt sich nicht zu diesem schicksalhaften Handel verleiten und sagt: "Weiche, Satan; denn es steht geschrieben: Den Herrn, deinen Gott, sollst du anbeten, und ihm allein sollst du dienen."

Erinnerung an das Leiden und Sterben Jesu

In dieser Passage aus der Bibel wird deutlich, wie stark sich in der Fastenzeit Altes und Neues Testament verbinden: Das Heute Jesu Christi leitet sich aus dem Gestern des Mose ab. Das katholische Gebet- und Gesangbuch erläutert: "Die alttestamentlichen Lesungen der Fastensonntage geben alle Jahre einen Durchblick durch die Heilsgeschichte: die Schöpfung, die Erwählung und Führung des Gottesvolkes und die Ankündigung des Heils durch die Propheten."

In den Gottesdiensten, Andachten sowie im stillen Gebet gedenken die Christen in der Fastenzeit des Leidens und Sterbens Jesu. Dadurch sollen sie ihren eigenen Lebensweg verstehen lernen als Teil eines gemeinsamen Schicksals mit Jesus Christus, der das Kreuz getragen und dadurch die Welt erlöst hat. In Lied 192 des Gesangbuches heißt es folgerichtig: "Durch seine Wunden sind wir geheilt. Christus hat für uns gelitten und uns ein Beispiel gegeben, damit wir ihm folgen auf seinem Weg."

Für die Fastenzeit werden den Christen drei Dinge mit auf den Weg gegeben: zu beten, zu fasten und zu geben. Die Gläubigen sollen sich in der Fastenzeit besonders gegen Not und Ungerechtigkeit einsetzen. Das können sie tun, indem sie zum Beispiel die Hilfswerke der Kirchen – und hier vor allem das Hilfswerk Misereor, das alljährlich in der Fastenzeit seine Fastenkollekte durchführt – unterstützen. Beten und fasten dagegen sind sehr stark nach innen gewandt. Die fastende Person nimmt sich selbst und ihr Leben in den Blick – befreit vom Ballast des angenehmen Lebens. Die Fastenzeit gilt als Zeit der inneren Umkehr, in der man nicht immer nur an sich denkt, sondern Verzicht übt zugunsten anderer und den Dialog mit Gott sucht, um das wirklich Wichtige in den Blick zu nehmen.

Der Theologe Ulrich Lüke bezeichnet die Fastenzeit in seinem Buch "Einladung ins Christentum" als "eine Art Trainingslager der Menschlichkeit". Dazu gehören für ihn drei Trainingseinheiten: Authentizität (Sei du selbst, denn so sieht dich Gott), Solidarität (Spare Zeit, Geld und Zuwendung und investiere sie für andere) sowie Spiritualität (Finde Trost, Ermutigung und Hoffnung bei Gott und definiere dein Ziel neu). Das Bild ist sehr treffend: Denn eine Trainingszeit ist manchmal mühsam, hart und unangenehm, wird aber dadurch belohnt, dass die Trainierenden einen höheren Grad körperlicher, geistiger oder spiritueller Fitness erreichen.

Von Sascha Stienen

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